EIN TAG IM LEBEN VON – PFANDSAMMLER – PIETRO
Ein Tag im Leben von

EIN TAG IM LEBEN VON – PFANDSAMMLER – PIETRO

Eigentlich kam ich nach Köln, um eine weitere “Kiez-Kinder auf Reisen” Folge zu schießen. Diese sollte vor allem die Leute beim Karneval feiern zeigen. Nachdem ich mir das Ganze dann 20 Minuten nüchtern angesehen habe, war ich davon aber schon so gelangweilt, dass ich am liebsten direkt wieder ins Bett gegangen wäre. Glücklicherweise blieb ich noch einen Moment und konnte so die zahlreichen Pfandsammler beobachten, die sich durch die Massen schlängelten. Spontan kam mir die Idee einen von ihnen einen Tag lang zu begleiten und so einen Start meiner neuen Strecke “Ein Tag im Leben von” zu finden. “Ein Tag im Leben von” wird eine Reihe von Reportagen, bei denen ich die unterschiedlichsten Berufe für einen Tag begleiten möchte. Den Anfang macht nun also Pietro.

Pietro ist 72 Jahre alt und von Beruf Rentner / Pfandsammler. Er stammt ursprünglich aus Palermo in Italien, lebt schon “viele Jahrzehnte in Deutschland” und war bis zu einer schweren Krankheit Koch. Nach seiner Krankheit konnte er jedoch nur schwer wieder Fuß fassen und hatte zusätzlich “private Probleme”. Nun, als Rentner, reichen seine Bezüge nicht mehr aus, um den ganzen Monat zu überleben und so sammelt er Pfandflaschen, da er niemanden um Almosen anbetteln möchte. Pietro ist begeisterter Fan des AC Mailand und der Meinung, dass die Bayern das Champions League Finale zu unrecht gegen Dortmund gewonnen haben (Nicht nur deshalb: Guter Mann!). Trotz allem hat er nie den Glauben in Gott verloren, wie er selbst sagt. So kreuzigte er sich auch vor der Mahlzeit, die wir später gemeinsam einnahmen. “Gott sieht alles – auch, dass manche Menschen keine Respekt haben.”

Als seine Taschen bis zum Rand gefüllt waren, suchten wir den nächstgelegenen REWE auf, an dessen Tür er abgewiesen wurde, da der Pfandautomat kaputt sei. “Das machen die extra. Nicht wollen Menschen wie mich”. So fuhren wir zum nächsten REWE, wo er zwar mehr Glück hatte, es aber auch nicht komplett ohne Fragen ablief. Auch ich musste gefühlten 22 Mitarbeitern erklären, dass ich nicht vom Express bin und nur den Herren begleite, ohne Fotos von anderen Menschen oder Waren zu machen. Zum Schluß wurde mir das Fotografieren dann aber doch noch verboten.

Anschließend lud ich Pietro zu seinem Lieblingsitaliener ein, wo er mir mehr aus seinem Leben erzählte. Von seinen zwei großen Balkonen, auf denen er alle möglichen Gewürze anbaut, weil er Pflanzen so gern hat und frische Gewürze das Beste zum Kochen sind. Dem Kochen ist er übrigens noch immer treu und wann immer es seine finanzielle Lage erlaubt, gönnt er sich gutes Fleisch, Fisch und die passenden Beilagen. Ich fand die Zeit mit Pietro sehr spannend und habe viel über einen Menschen erfahren, der von vielen leider nicht mit dem nötigen Respekt behandelt wird. Vor allem war ich erstaunt von seinem guten Auge. Mir sagen so oft Menschen, dass ich Dinge sehe, die sie niemals gesehen hätten. Genauso ging es mir mit Pietro. Immer wieder war er kurz ab vom Weg, um weitere Flaschen und Dosen einzusammeln, die er an den unmöglichsten Stellen schon weit im Voraus gesehen hatte. Dadurch weiß ich jetzt endlich auch mal, wie es sich anfühlen muss, mit mir durch eine Stadt zu laufen…

Danke für alles!

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